Romanische Wehrkirche

Patrozinium: 15. August

In sichtbarer Lage grüßen die drei Marktoffinger Kirchen in die Ebene des Rieses hinein. Neben den beiden Filialkirchen (Ulrichskapelle und Heilig-Kreuz-Kapelle) liegt die Pfarrkirche als Fluchtpunkt der Hauptstraße in den Hang gebettet.

Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes Marktoffingen um 1143 betrifft die Schenkung eines Hofes westlich der Kirche an Bischof Walter I. von Augsburg. Die Zugehörigkeit spiegelt sich in der Wahl der Patrozinien wieder: Maria (Augsburger Dom) und Ulrichskapelle (Stadt- und Bistumspatron).

Im Unterschied zur Taufkirche „ecclesia baptismalis“ in Minderoffingen wird Marktoffingen in der Urkunde als „forensis ecclesia“, als „Kirche eines Marktes“ bezeichnet. Dies schließt die Nutzung als Gerichtsstätte ein, was zumindest ab 1316 belegt ist.

Bauwerk

Der genannte (Pfarr-)Hof westlich der Kirche ist einer Gruppe von Häusern gewichen, die nahe an den befestigten Kirchenbezirk grenzen. Diesen umschließt eine Wehrmauer mit zwei Tortürmen, die zwar noch weitestgehend vorhanden ist, jedoch einst noch um einiges imposanter war, da durch Geländeauffüllungen die ursprüngliche Höhe reduziert wurde. Der nördliche Torturm hat gar nur mehr ein Drittel seiner einstigen Höhe. Obwohl die bekrönenden Teile erst aus späterer, gotischer Zeit stammen, weist die Befestigung im Kern das gleiche romanische Quadermauerwerk auf wie der Kirchturm in seinen unverputzten Teilen.

Dieser ist ein wuchtiger Chorturm (wie in Minderoffingen, nur ohne angefügte Apsis) und erreicht 33 Meter Höhe. Die Wölbung und Bauplastik des Chorraums datieren aus dem 13. Jh. Der verputzte Abschnitt mit dem Glockengeschoss, das sich in zwei Paaren Biforienfenstern unter Rundfenstern öffnet, ist gröber und nicht auf Sicht gemauert. Der Turm wird von einer flachen, vierseitigen Haube bekrönt. Diese oberen Teile gehören wohl dem frühen 17. Jh. an.

Renovierungen und Umbau

1605/06 wurde das Langhaus durchgreifend erneuert, wobei man in den Abmessungen kaum vom romanischen Bau abwich (ähnlich dimensioniert und aufgeteilt wie Minderoffingen).

Der Umbau nach 1600 brachte die Schließung des Chorbogens mit sich: Alle drei Altäre wurden an der Ostwand aufgestellt, der bisherige Chorraum zur Sakristei umfunktioniert, wofür eine Tür nach Süden ausgebrochen wurde. Die nordseitig angebaute Sakristei nutzte man dafür als Beinhaus. Nicht zuletzt gab man dem Langhaus bei dieser Baumaßnahme mit dem charakteristischen Sgraffito-Schmuck sein bis heute auffallendes Gepräge.

Im Jahr 1784 wurde das Schiff um 4,5 Meter nach Westen verlängert. Es erreichte damit die heutigen Maße von 26,6 Meter Länge und 12,7 Meter Breite. Nachdem frühere Versuche wegen statischen Bedenken unterblieben, ging man 1923 daran, die früheren Umbauten rückgängig zu machen, also den Chorbogen wieder zu öffnen und den Raum im Turm wie ursprünglich als Chor zu nutzen. Die Sakristei wurde wieder nördlich davon auf alten Fundamenten erbaut, nachdem der Vorgängerbau irgendwann vor 1774 abgebrochen worden war. Die Tür an der Südseite des Chors konnte vermauert werden, die Fenster hier und im Osten wurden etwas vergrößert. 1924 wurde das Westportal neu gebaut.

Außenfassade

Mit der architektonischen Gliederung in Sgraffito-Technik an allen drei Kirchen besitzt Marktoffingen eine Kostbarkeit, die hierzulande sehr selten ist. Den Ursprung hat diese Manier in Italien. Sie fand im späten 16. und frühen 17. Jh. vor allem in Böhmen und Teilen Polens und Österreichs Verbreitung, überwiegend im Profanbau. Mit vielen aus der Antike entlehnten Elementen gibt der Kratzputz-Dekor der Marktoffinger Kirche ein festliches Gewand der Spätrenaissance. Das rundbogige Portal ist aus leicht verwitterndem Sandstein, mit Wulst und Kehle und im äußeren Bogenlauf einer Diamantierung (allseits nach vorn fluchtende Steinflächen). Im Scheitel liest man die Datierung 1605. Alle übrigen Formen sind zweidimensional in Sgraffito gestaltet.

Innenraum

Vom Inneren, hauptsächlich einem schlichten, großen Saalraum, verdient architektonisch vor allem der erwähnte Chor im Turm- Erdgeschoss Beachtung. Sein Kreuzgewölbe besteht aus schweren Kastenrippen, die sich im unteren Teil verjüngen und Kämpferstücken auf Halbsäulen in den Raumecken aufliegen. Deren Kapitelle zeigen variierenden Schmuck. Sie sind aus Suevit gearbeitet (dem einzig im Ries-Gebiet zu findendes Gestein eines Asteroiden) und wohl von zwei Meistern, da das westliche Paar etwas feinere Züge zeigt als das östliche. Im Nordwesten ist rein pflanzlicher Schmuck zu sehen, Zweige und Laub mit Eicheln, südwestlich dagegen zwei Tiere, wohl Füchse, die an einer Traube fressen.

An der Ostseite kommen menschliche Köpfe hinzu: links zwei große Gesichter (Adam und Eva?), aus denen seitlich Blattranken wachsen; die Ecke besetzt ein großes Eichen(?)blatt. Rechts sitzen fünf Köpfe mit gescheiteltem Haar auf winkelförmig stilisierten Pflanzenteilen. Ihre Gesichter wirken eher unglücklich. Wenngleich sich die genaue Bedeutung nicht mehr erschließen lässt, ist zu bedenken, dass die Nordseite – weil vom Priester aus gesehen rechts – das Gute symbolisiert und auf der südlichen (linken) die Einflüsse des Bösen thematisiert sein dürften, wobei die Köpfe Unheil abwehrende Funktion haben könnten.

In der nördlichen Schildbogenfläche zeigt ein freigelegtes Fresko (wohl frühes 15. Jh.) den Gnadenstuhl, eine spezielle Darstellung der Trinität, wo Gottvater, auf einem altarähnlichen Thron sitzend, den gekreuzigten Christus vor sich hält, auf dessen Haupt der Heilige Geist niederschwebt. Darüber halten Engel Leidenswerkzeuge. Zu Füßen sind die vier Evangelisten in Form menschlicher Körper mit den Köpfen ihrer Attribute wiedergegeben. Die seitlichen Bereiche zeigen je zwei Personen, links wohl die Verkündigung an Maria.

Nachdem die Altäre 1884/86 in neuromanischem Stil neu angefertigt wurden, folgte 1899 eine gleichartige Kanzel. Die große Deckenfläche (Maler: Basilio Coletti) zeigt neben Dekor im Hauptfeld die Himmelfahrt Mariens und in den anderen die übrigen Rosenkranzgeheimnisse. Da die in Öltechnik geschaffenen Bilder gedunkelt waren und nicht mehr dem Zeitgeschmack entsprachen, wurden sie 1950 entfernt. Eine Ausmalung der Langhauswände, die wohl aus dem frühen 17. Jh. stammte, konnte 1950 nachgewiesen werden, wurde aber wieder verputzt, da sie zu ruinös und teils, etwa durch den Ausbruch des Chorbogens, zerstört war.

1992 kamen ein neuer Hauptaltar und ein Ambo in die Kirche; dabei hat man den 40 Jahre zuvor bereits stark vereinfachten neuromanischen Hochaltar durch eine spätgotische Kreuzigungsgruppe ersetzt, die einst im nördlichen Torturm aufgestellt und schon 1923 in die Kirche verbracht worden war. Christus zeigt ein ausdrucksvolles Gesicht mit gebrochenem Blick, Maria und Johannes haben die Hände gefaltet, zu seinen Füßen liegt ein Totenschädel. Christus ist vor dem Ostfenster platziert, die Seitenfiguren auf Wandkonsolen, unten am Kreuz der Tabernakel.

Die jetzigen Seitenaltar-Retabel hat Anton Hörmann aus Babenhausen 1954 entworfen und ausgeführt, die Fassung besorgte die Firma Seefried in Spalt. Es sind Ädikulen mit barocken Anklängen, die je drei Figuren und seitlich des Bogens ein Paar Putten enthalten.

Im nördlichen Seitenaltar steht mittig eine spätgotische Madonna im Strahlenkranz; das Jesuskind sitzt in ihrer Armbeuge und greift nach einem Apfel – wohl ein Hinweis auf die Wiedergutmachung der Erbsünde durch sein Opfer am Kreuz. Am unteren Gewandsaum lehnt recht steil eine Mondsichel mit Gesicht.

Im Zentrum des südlichen Seitenaltars steht eine Figur des heiligen Bischofs Ulrich. Die Skulptur stammt aus der gleichnamigen Kapelle nahebei und gehört den 1720er Jahren an. Die Figuren auf den äußeren Podesten sind aus dem späten 19. Jh.: links die heilige Thekla und Barbara, rechts Josef und Aloisius.

Die Kanzel von 1899 wurde 1958 gründlich barockisiert, so dass nichts mehr an die vormalige Schöpfung erinnert. Die qualitätvolle echt barocke Michaelsfigur auf dem Schalldeckel hat man von einer Tragestange der Kreuzkapelle übernommen.

Bei der Renovierung 1992 kam aus Sicherheitsgründen die Figur des Christus in der Rast aus der Kapelle am Maihinger Berg an die Wand beim linken Seitenaltar und wurde in der Kapelle durch eine Kopie ersetzt. Das Passions-Andachtsbild regt zum Mitleiden an: Christus stützt sein Haupt mit dem rechten Arm, die Knie weisen tiefe Wunden auf.

Im Langhaus fallen besonders zwei große querformatige Barockgemälde ins Auge, die die Anbetung der Hirten und der Könige zeigen. Sie sind beide von Johann Georg Strobel signiertund1762datiert.

Jünger sind zwei Bilderzyklen östlich davon: oben die zwölf Apostel in Ganzfiguren von einem Maler Meitinger (um 1800), darunter die Kreuzwegstationen, die der einheimische Maler Joseph Bauer schuf.

Eine ansehnliche Vortragestange aus dem frühen 18. Jh. ist beidseitig bemalt mit Figuren der Immaculata und des heiligen Josef.

Hinter Glas und von reichem Rankenwerk-Rahmen umgeben, steht eine bekleidete und mit Echthaar versehene Figur der Schmerzhaften Muttergottes. Nach Auflösung des Klosters Marienburg bei Abenberg machte sie eine Ordensschwester namens Katharina Sperr 1829 der Kirche zum Geschenk.

Die Herz-Jesu-Figur ist wie die des heiligen Antonius nazarenisch, der heilige Bruder Konrad wiederum aus dem 20. Jh.

Die barocken Stuhlwangen mit Kerbband und Akanthusranken (ähnliche in der Heilig-Kreuz-Kapelle) könnten gleichen Ursprungs wie die im nahen Kloster Maihingen sein.

Die Orgel der Firma Steinmeyer wurde 1904 gebaut, 1923 instandgesetzt und 1926 elektrifiziert.

Das Geläut wurde 1953 durch den Guss zweier Glocken (der großen Ulrichsglocke im Ton e’ und der Heiligenglocke im Ton cis’’) wieder auf fünf Instrumente komplettiert. Die übrigen Glocken (gis’, h’ und dis’’) wurden alle 1748 von Nicolaus jun. und Claudius Arnoldt aus Dinkelsbühl gegossen.

Im südwestlichen Turmwinkel birgt ein kleiner Anbau die heute aus dem 19. Jh. stammende Figur von Christus an der Geißelsäule. Dies ist hier seit der Barockzeit belegt; sonst finden sich solche Figuren häufig im Eingangsbereich von Kirchen.

An der westlichen Friedhofsmauer steht eine Ölbergkapelle. Die Figuren darin sind Werke des einheimischen Bildhauers Johann Grimm, der laut Inschrift hier auch beigesetzt wurde.

Die Ulrichskapelle

Die Heilig-Kreuz-Kapelle

Am Schriftenstand in der Pfarrkirche können Sie ein Druckexemplar „Die Kirchen und Kapellen der kath. Pfarreiengemeinschaft Fremdingen“ erwerben.